Unsere Historie

"Wir sind das Volk" - "40 Jahre sind genug"
"FDJ und SED - das war eine Sch…- Idee"
"Deutschland, einig Vaterland"


Unser Weg vom Neuen Forum Kreis Annaberg zum Bürgerforum e. V. als Teil der Freien Wähler Erzgebirge e. V.


Die Geburtsstunde unserer politischen Wählervereinigung fiel auf den 11. Oktober 1989, als sich in der evangelisch - methodistischen Gemeinde am Emilienberg in Annaberg - Buchholz die Regionalgruppe Kreis Annaberg des Neuen Forums gründete.
Vorausgegangen war der Gründungsaufruf vom 9. September 1989 aus Grünheide bei Berlin für alle Bezirke der DDR, initiiert von Bärbel Boley, Prof. Jens Reich u. a., von 29 Personen unterzeichnet, auch von Dr. Martin Böttger aus Cainsdorf bei Zwickau, der die Aktivitäten im damaligen Bezirk Karl - Marx - Stadt koordinierte.
Mit Tausenden gesammelten Unterschriften wurde die Zulassung und Anerkennung der Bürgerbewegung gefordert und es bildeten sich engagierte Bürgergruppen auf Orts-, Kreis- und Bezirksebene, so auch in der Wohnung von Albrecht und Stefanie Kämpf in Siebenhöfen bei Tannenberg.
Vorausgegangen war 1989 eine krisenhaft zugespitzte Situation in der ganzen DDR, durch die bekannt gewordene Fälschung der Kommunalwahl vom 7. Mai 1989, zunehmende Verdrossenheit über Versorgungsengpässe aller Art, wirtschaftliche Stagnation, Umweltschäden, Verschleiß der Infrastruktur und persönliche Repressalien bei verweigerter ideologischer Gefolgschaft.
Fluchtversuche und steigende Ausreiseanträge setzten Signale (DDR -"Der Dumme Rest"). Schließlich spiegelten die Grenzöffnung von Ungarn nach Österreich und die Besetzung der BRD - Botschaft in Prag durch Tausende DDR - Flüchtlinge die Dynamik im Land wider, was großes internationales Interesse weckte.
Ausgehend von Friedensgebeten in Berliner und Leipziger Kirchen versammelten sich anschließend viele Teilnehmer und Demonstranten mit Kerzen in der Hand und stellten zunehmend politischen Forderungen: "Neues Forum zu lassen", "Freie Wahlen" u. a.
Nach zähen Verhandlungen zwischen Regierungsvertretern der CSSR, DDR und BRD durften schließlich die Flüchtlinge die Prager Botschaft mit Sonderzügen verlassen, allerdings zur Wahrung der Souveränität der DDR über Dresden und Plauen nach Hof. Dies führte auf den Bahnhöfen in der DDR zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Bürgern, auch Kommentare wie "Wir weinen denen keine Träne nach" von der SED-Führung verstärkten die Protesthaltung.
So wie der Sicherheitsapparat mit Verhinderungsversuchen, Gewalt und Festnahmen reagierte, formierten sich die Widerstände weiter, bis schließlich am 9. Oktober 1989 ca. 70 000 Demonstranten aus Leipzig und Umgebung das Signal setzten: Ihr könnt nicht mehr und wir wollen nicht mehr!
Am 4. November 1989 fand in Annaberg-Buchholz auf Initiative des Neuen Forums und Unterstützung der ev. - methodistischen Kirche am Emilienberg die 1. Demonstration mit ca. 7.000 Teilnehmern statt und eröffnete den gesellschaftlichen Umbruch im Kreis Annaberg. In den folgenden Tagen und Wochen setzte ein zähes Ringen ein, die staatlichen Machtstrukturen und ihren Unterdrückungsapparat zu demontieren gegen Versuche, die Entwicklung wieder in die alten Verhältnisse zurückzudrehen.
Einem Paukenschlag gleich wurde am 9. November 1989 in Berlin die Öffnung der Mauer erzwungen, nach dem im DDR-Fernsehen (Aktuelle Kamera) bei der Übertragung einer Pressekonferenz mitgeteilt wurde, offenbar infolge eines Missverständnisses, dass unverzüglich Reisen nach Westberlin und Westdeutschland möglich sind. Die Grenzposten in Berlin standen den Massen freudig - aufgeregter Bürger hilflos gegenüber, wurden beiseite gedrückt und konnten nur noch zusehen, was geschah. Der Jubel kannte keine Grenzen.
Entsprechend dem Gründungsaufruf des Neuen Forums fassten auch im Kreis Annaberg mehr und mehr Bürger Mut, die wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten in Frage zu stellen, Veränderungen zu fordern und sich einzumischen.
Auf Montagsdemonstrationen artikulierte sich der Volkszorn in Sprechchören und Plakaten. Viele Bürger machten sich in Dialogveranstaltungen über erlittenes Unrecht Luft und forderten von den anwesenden Leitungskadern aus SED und Wirtschaft Rechenschaft, die manchmal von ihren Funktionen zurücktraten. Auch beim "Runden Tisch" oder im Untersuchungsausschuss gegen Amtsmissbrauch und Korruption war das Neue Forum maßgeblich beteiligt bzw. federführend.
Mut und Besonnenheit waren besonders bei der Besetzung bzw. Auflösung von Kreisstellen der Staatssicherheit und SED mit Sicherstellung von Akten, Übergabe von Waffen an die Volkspolizei und bei der Auflösung der Kampfgruppen in den Betrieben gefordert.
Es kann als ein Wunder gelten, dass dieser Umsturz ohne Blutvergießen ablief. Deshalb auch "Friedliche Revolution", zumal sie unter Mitwirkung vieler kirchlicher Amtsträger und engagierter Bürger erfolgte.
Mit der erzwungenen Grenzöffnung sind die Staats- und SED-Führung in
die Defensive geraten. In den folgenden Monaten lösten sich die Leitungsstrukturen auf bzw. wurden aufgelöst, die Möglichkeiten der neuen Freiheit probiert und für die nächsten Wahlen Demokratie geübt. Gebilligt durch Michail Gorbatschow, den damaligen Präsidenten der UdSSR, und die drei westlichen Großmächte war die Einheit Deutschlands in greifbare Nähe gerückt, allerdings nicht ohne Vorbehalte von verschiedenen Seiten.
"Deutschland, einig Vaterland" als Forderung der Straße ging weit über die Zielvorgaben des Neuen Forums hinaus, das die DDR nicht abschaffen, sondern demokratisieren wollte. Trotz heftiger Richtungsdebatten rollte der "Zug der Revolution" weiter, vielfältigen und tiefgreifenden Umbrüchen im Beitrittsgebiet entgegen. Die Einführung der DM ab 1. Juli 1990 durch die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion mit der Bundesrepublik Deutschland wurde umjubelt. Die fatalen Firmenpleiten und Massenarbeitslosigkeit wegen Konkurrenzunfähigkeit der maroden DDR-Wirtschaft wurden erst später spürbar.
"Volk, nun hast du Brot und Spiele, vergiss nicht deine wahren Ziele" machte den Ortsgruppen des Neuen Forums, den Stadt- und Gemeinderäten und den Kreistagsabgeordneten deutlich, dass Demokratie kein Selbstläufer ist oder geschenkt wird, sondern täglich neu erstritten werden muss.
Zwischenzeitlich sind zwei Namensänderungen erforderlich geworden.
So, als 1991 das Neue Forum der Partei "Bündnis 90" beitrat, welche sich später wiederum mit der Partei "Die Grünen" zur Partei "Bündnis 90/Die Grünen" zusammenschloss.
Wir sahen das für den Erhalt unserer kreisumfassenden Bürgerbewegung als nachteilig und mit unserem parteiunabhängigen Selbstverständnis unvereinbar an. Wir trennten uns vom Neuen Forum und wählten die Bezeichnung "Bürgerforum Landkreis Annaberg e.V.".
2008 mit der Kreisgebietsreform zum Erzgebirgskreis aus den bisherigen Landkreisen Annaberg, Aue-Schwarzenberg, Stollberg und Marienberg hätten wir im neuen Kreistag allein kaum Mandate gewinnen können. Nach langen Verhandlungen mit verschiedenen Freie Wählergruppierungen der Nachbarkreise wurde der Freie Wähler Erzgebirge (FWE) e. V. gegründet, in dem das Bürgerforum, das sich nun nochmals in "Freie Wähler Bürgerforum" (FWBF) e. V. umbenannte, jetzt Mitglied ist.
Es ist das Verdienst von Jürgen Förster (Landrat des Kreises Annaberg vom 1. August 2001 bis 31. Juli 2008), dass durch sein nachdrückliches Engagement aus den insgesamt 7 Freien Wählergemeinschaften und Einzelpersonen im Erzgebirgskreis dieser Zusammenschluss zustande kam und bis heute funktioniert.
Aktuell (Stand Mai 2019) bestehen im FWBF e. V. Ortsgruppen in Annaberg-Buchholz, Scheibenberg, Tannenberg, Ehrenfriedersdorf, Geyer, Crottendorf und Sehmatal mit insgesamt ca. 120 Mitgliedern und Sitzen in den Städte- und Gemeinderäten. In Scheibenberg, Tannenberg, Thermalbad Wiesenbad, Ehrenfriedersdorf, Sehmatal und Mildenau stellen wir die Bürgermeister.
Bei der letzten Kreistagswahl erreichten wir mit 11,4% der Stimmen 11 Sitze (hinter CDU 44 Sitze, Die Linke 16 Sitze).
Bündnis 90/Die Grünen landeten mit 3 Sitzen auf dem letzten Platz (hinter SPD, FDP, AfD und NPD).
Die Freien Wähler Erzgebirge sind im Kreistag in allen Ausschüssen, Verbandsversammlungen und Aufsichtsräten von Kreiseinrichtungen vertreten.
Unser Anliegen als parteiunabhängige politische Wählervereinigung ist, aus den Erfahrungen von 1989 und danach, das Engagement der Bürger unter dem Motto "Miteinander-füreinander" für das Gemeinwohl anzuregen und zu fördern, um so auf kommunaler Ebene aktuell und konkret die Lebensbedingungen, besonders in unserer ländlichen Region, zu verbessern bzw. zu erhalten.
Entsprechende Ideen, Vorschläge und Hinweise sollten durch die Verwaltungen aufgegriffen, gemeinsam beraten und möglichst umgesetzt werden ("Gemeinsame Freude ist doppelte Freude"), hilfreich ist dafür ein gut funktionierendes Vereinswesen.
Die Lebensqualität einer Kommune wird bestimmt durch den Stand der Infrastruktur für Einwohner und Gäste.
Es beginnt mit der Erreichbarkeit, zuverlässiger Versorgung und Entsorgung, Tele- und Internetkommunikation, über Gesundheits- und Kindereinrichtungen, Schulen, Sporthallen bis hin zur Touristikförderung und Gastronomie.
Bei gründlicher Prüfung wird man fast überall Möglichkeiten finden, gleich oder später Einfluss zu nehmen, am besten gemeinsam.
Im Kreistag wird dann um eine möglichst niedrige Kreisumlage gestritten, um die Aufgaben in den Kommunen besser erfüllen zu können.

Es gibt viel zu tun, packen wir es an!